NOVEMBER/DEZEMBER 2010

Nachhaltiges Bauen am Beispiel der Dachbegrünung

Unter www.nachhaltigesbauen.de des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind verschiedene Erläuterungen sowie ein Leitfaden zum nachhaltigen Bauen zu finden. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. vergibt hierzu ein Zertifikat, wenn bestimmte Vorgaben erfüllt und durch einen unabhängigen Auditor überprüft wurden. Als ein Bewertungskriterium, wenn auch untergeordnet, spielt die Dachbegrünung eine Rolle.

Nachhaltiges Bauen bedeutet, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen um nachfolgenden Generationen ein intaktes ökologisches, soziales sowie ökonomisches Gefüge zu hinterlassen. Für den Bereich BAU lassen sich aus diesen Dimensionen verschiedene Schutzziele ableiten. Hierbei wird im Rahmen einer Lebenszyklusbetrachtung die Optimierung sämtlicher Einflussfaktoren über den gesamten „Gebäudelebenszyklus“ angestrebt. Alle Lebensphasen eines Bauwerks müssen im Hinblick auf die unterschiedlichen Aspekte und in ihrem Zusammenwirken optimiert werden. Ziel ist das Erreichen einer hohen Gebäudequalität mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt. Die drei vorrangigen Schutzziele als Beurteilungs- sowie Bewertungsmaßstab der Nachhaltigkeit von Gebäuden sind:

  • Ökonomie
  • Ökologie
  • Soziales und Kulturelles

Wie ist nun eine Dachbegrünung diesen drei Bereichen zuzuordnen?

Ökonomie

Die entscheidende Rolle in diesem Bereich spielen rechenbare Fakten der Dachbegrünung.

  • Schutz der Dachabdichtung

Eine Dachbegrünung schützt im Sommer und auch Winter vor Extrembeanspruchung bei Spitzentemperaturen sowie auch vor Wind- und Witterungseinflüssen wie Sturm, Hagel oder auch UV-Strahlung. Hiermit verlängert sich die Lebensdauer der Dachabdichtung im Vergleich zur unbegrünten Variante. Experten sehen durchaus eine Verdoppelung der Zeit ohne Reparaturen oder auch Komplettsanierungen.

  • Energieeinsparung

Im Winter bietet die Dachbegrünung eine Wärmedämmleistung, im Sommer ein Hitzeschild. Somit also einen Betrag zur Energieeinsparung. Leider ist der Sparfaktor (noch) nicht in der Gebäudeenergiebilanz einrechenbar.

  • Erhöhung des Wirkungsgrades von Stromerzeugungsanlagen (Photovoltailanlagen)

Im Allgemeinen verbreitet ist der Irrgedanke Photovoltaik und Dachbegrünung schließen sich aus. Genau das Gegenteil ist der Fall.

-        Die Dachbegrünung schützt wie bereits vorher erwähnt die Dachabdichtung. Eine geplante Nutzungsdauer der Dachfläche von 20-25 Jahren ohne zwischenzeitliche Reparatur- bzw. Sanierungsarbeiten kann problemlos erreicht werden.

-        Die Dachbegrünung bildet die Auflast der Solarmodulständer. Dachdurchdringungen zur Verankerung und demnach potentielle Leckagen werden vermieden.

-        Die Begrünung verbessert die Leistung der Photovoltaikanlage durch Kühlung und trägt damit zur schnelleren Amortisierung der Anlagenkosten bei.

  • Regenwassermanagement

Die Wasserrückhaltung liegt je nach Begrünungsart bei 40-99% des Niederschlags und führt zu einer Minderung der Spitzenabflüsse bis zu 100%. Die Kanalisation wird entlastet, dies führt zu Einsparpotentialen bei der Rohr- und Kanaldimensionierung, Regenrückhaltebecken und Gebührenminderung bei der gesplitteten Abwasserberechnung ihrer Stadt oder Gemeinde.

Fazit:

Seit dem Jahr 1995 wurden verschiedenste Kosten-Nutzen Analysen durchgeführt. Aufgrund unterschiedlicher Ausgangssituationen sind diese nicht direkt miteinander zu vergleichen, doch in einem Punkt sind sich alle Autoren einig – begrünte Dächer rechnen sich gegenüber der unbegrünten Variante.

Ökologie

Hier wird auf den direkten Naturschutz eingegangen.

  • Ökologische Ausgleichsflächen und Ersatz-Lebensräume

Gründächer sind als Minderungsmaßnahme bei der Eingriffs-Ausgleichsregelung anerkannt. Je nach Begrünungsart und Vegetationsform sind dauerhafte Lebensräume mit hoher Artenvielfalt und auch temporäre Rückzugsbiotope für Wildbienen, Schmetterlinge etc. möglich.

  • Ökobilanz

Zu beachten sind ausgewählte Gründachsysteme mit ausgeglichener Ökobilanz und Produkten natürlichen Ursprungs oder aus Recyclingmaterial

  • Bodenschutz

Je nach Begrünungsart auf dem Dach können Bodenfunktionen übernommen werden (siehe hier Ökonomie – Regenwassermanagement)

Soziales und Kulturelles

In diesem Themenbereich wird vor allem das, was man unter „Lebensqualität“ versteht abgehandelt.

  • Verbesserung des Kleinklimas

Durch die Verdunstung des gespeicherten Wassers (siehe auch wieder Ökonomie – Regenwassermanagement) ergibt sich eine bessere Lebensqualität durch Kühlung und Luftbefeuchtung.

  • Lärmschutz

Verbesserung der Luftschalldämmung aufgrund der größeren Schwingungsträgheit der Gesamtfläche sowie bessere Schalladsorption wegen der strukturreichen Vegetation.

  • Luftschadstoffe

Filterung von Feinstaub und Luftschadstoffen sowie Minderung von Elektro-Smog.

  • Wohn- und Arbeitsqualität

Verbesserung des Arbeits- und auch Wohnumfeldes bei einseh- bzw. begehbaren Dachbegrünungen mit zusätzlichen Nutzflächen. Auf Wohnanlagen, Hotels, Schulen, Parkhäusern und Kaufhäusern entsteht zusätzlicher „Wohnraum“ mit Spiel- und Sportplätzen, Naherholungsflächen oder auch Begegnungsflächen – generationsübergreifend – für Jung und Alt. Für Investoren ist besonders reizvoll, dass dieser Baugrund für weitere Nutzflächen kostenlos zur Verfügung steht. Er wurde ja bereits ebenerdig bezahlt und kann durch eine Dachbegrünung einer „Zweitnutzung“ zugeführt werden. Die Kosten für eine intensive Dachbegrünung sind weitaus geringer als die eines zusätzlichen Bauplatzes.  

Als Gesamtfazit kann festgestellt werden, dass begrünte Dächer obligatorisch zum nachhaltigen Bauen zugehörig angesehen werden können. Sie vereinen eine Vielzahl an positiven Wirkungen, die sich je nach den örtlichen Gegebenheiten  finanziell durchaus rechnen. Nachhaltig gebaute und bewirtschaftete Immobilien rechnen sich für Mieter und Investoren. Sie erzielen im Vergleich zu konventionellen Immobilien kontinuierliche Kostenvorteile, höhere Mietverträge und höhere Immobilienwerte.

Das Hamburger Analysehaus FondsMedia zieht in einer Studie folgendes Resümee: Anhand einer empirischen Auswertung von „Green Buildings“ in den USA wird eine Kostenersparnis von durchschnittlich 30 bis 33 Prozent bezogen auf Energie, Wasser und Abfallentsorgung ausgeworfen. Die höher ausfallenden Initialkosten stehen innerhalb von 20 Jahren zehn Mal so hohe Kostenersparnisse gegenüber (Quelle: creditreform 5.2010).